Infos für Kinder und Jugendliche     Region Reutlingen

Impfen

Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten präventiven Maß­nah­men, die in der Medizin zur Verfügung stehen.

Moderne Impfstoffe sind gut ver­träg­lich, uner­wün­schte Arznei­mit­tel­wir­kungen werden nur in seltenen Fällen beobachtet.

Unmit­tel­bares Ziel der Impfung ist, das Kind vor einer gefährlichen,  lebensbedrohenden Krankheit zu schützen.

Interview der Woche

Masern

-rau, 05.03.2015 08:32 Uhr


Nicht zuletzt durch den Tod eines kleinen Jungen in Berlin sind die Themen Masern und Impfen wieder in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Einige Eltern sind verunsichert. Wir sprachen mit Stefan Brockmann vom Kreisgesundheitsamt Reutlingen über das Thema.


Herr Brockmann, wie gefährlich sind Masern?

Brockmann: Masern sind extrem ansteckend, so dass empfängliche Personen im Umfeld von Erkrankten fast immer auch selbst erkranken. Besonders gefährdet sind Säuglinge, die zu jung für eine Impfung sind sowie junge Erwachsene die im Kindesalter nicht geimpft wurden. Selbst bei natürlichem Krankheitsverlauf gibt es ein geringes Risiko bleibender neurologischer Schäden und schwerer Krankheitsverläufe. Menschen mit geschwächter Abwehrlage, die selbst nicht gegen Masern geimpft werden können, Säuglinge und Erwachsene haben zudem ein höheres Risiko, bei einer Masern-Erkrankung Komplikationen zu entwickeln. Daten der Todesursachenstatistik weisen für Deutschland 15 Todesfälle aufgrund von Masern im Zeitraum 2001 bis 2012 aus. Dies entspricht etwa einer Sterblichkeit von einem Todesfall pro 1 000 Masernerkrankte. 


Hat sie ein derart schwerer Verlauf wie jetzt in Berlin überrascht?

Brockmann: Nein, absolut nicht. Die Immunität bei jungen Erwachsenen und die Impfquoten der Kinder sind nicht hoch genug, als dass Ausbrüche sicher verhindert werden können. Die Impfquoten bei Schulanfängern liegen deutlich unter der für die sogenannte Herdenimmunität notwendigen Quote von 95 Prozent. Die Herdenimmunität dient dazu, Kinder zu schützen, die nicht gegen Masern geimpft werden können. Die Impfquoten in Berlin sind sogar etwas höher als in Baden-Württemberg. In den vergangenen Jahren gab es immer wieder größere Ausbrüche in Deutschland, bevorzugt in Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte. 


Wie viele Fälle von Masern sind Ihnen im Kreis bekannt?

Brockmann : Im Landkreis Reutlingen wurde dem Kreisgesundheitsamt in diesem Jahr noch kein Fall gemeldet. In den vergangenen Jahren lag die Zahl der gemeldeten Fälle für den Landkreis Reutlingen zwischen null und sechs Fällen. 


Wie sieht die Impf-Quote im Kreis aus?

Brockmann: Im Landkreis Reutlingen sind von im Jahr 2014 eingeschulten Kindern, die ein Impfbuch vorgelegt haben, 90,8 Prozent mindestens zweimal geimpft.


Was würden sie besorgten Eltern jetzt raten?

Brockmann: Prüfen Sie den Impfpass. Dort sollten im Idealfall zwei Impfungen gegen Masern verzeichnet sein. Meist wird die Impfung als Kombination mit der gegen Mumps und Röteln verabreicht und ist unter der Abkürzung »MMR« zu finden. Wenn Sie nicht sicher sind, wie sich der Impfpass lesen lässt, wenden Sie sich an Ihren Kinderarzt. Bei ungeimpften Kindern und Jugendlichen sollte die Impfung so schnell wie möglich mit zwei Impfdosen nachgeholt werden.


Sollten sich auch Erwachsene impfen lassen?

Brockmann: Ja, unbedingt. die Ständige Impfkommission (»Stiko«) empfiehlt für alle Erwachsenen die nach 1970 geboren sind, eine einmalige Masernimpfung sofern sie früher keine Masern-Erkrankung durchgemacht haben und gar nicht oder nur einmal gegen Masern geimpft sind. Das gilt auch bei einem unklaren Impfstatus. Für Mitarbeiter im Gesundheitsdienst oder in Gemeinschaftseinrichtungen – etwa in Kindergärten oder Schulen – oder in der Betreuung von Personen mit stark geschwächtem Immunsystem, wird ebenfalls eine Impfung gegen Masern empfohlen.

Was halten Sie von der diskutierten Impf-Pflicht?

Brockmann: Wir sollten die für die Masern-Eliminierung notwendige Herdenimmunität auch ohne Impfpflicht erreichen. Die Impflicht käme erst in Frage, wenn wir es nicht schaffen, durch Aufklärung die Impfquote zu erhöhen. Derzeit ist eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes geplant, in der bei Eintritt in den Kindergarten der Nachweis über eine Impfberatung durch einen Arzt vorzulegen wäre.